KI-Tools
KI-Tools im Webdesign
Warum KI im Webdesign mehr als nur ein Trend ist
Lesezeit:
5 Minuten
Künstliche Intelligenz ist im Design angekommen. Nicht mehr nur als Spielerei, sondern als ernstzunehmendes Werkzeug. Wer heute im Webdesign arbeitet, kommt an KI-Tools wie ChatGPT, Midjourney oder Relume kaum vorbei. Die entscheidende Frage: Wo bringt KI echten Mehrwert – und wo nicht?
Richtig eingesetzt, kann KI den Designprozess effizienter machen, bessere Analysen liefern und Routineaufgaben abnehmen. Aber das funktioniert nur mit einem bewussten, strategischen Umgang. Ohne Idealisierung, ohne Angst.
Wo KI im Designprozess wirklich hilft – und wo nicht
KI unterstützt vor allem dort, wo Daten, Struktur und Routine gefragt sind. In der Research-Phase zum Beispiel. Statt ewig Wettbewerbsseiten zu analysieren, kann ein LLM wie ChatGPT auf Basis eines Projektbriefings in wenigen Minuten eine Marktübersicht liefern. Vorausgesetzt, man füttert es mit Kontext – etwa einem transkribierten Vorgespräch via Riverside AI. So entsteht eine Art Co-Pilot für die Analyse, der zwar nicht den echten User ersetzt, aber schneller Trends erkennt oder Impulse liefert.
Auch für die Erstellung von Personas und User Journeys haben sich Tools wie UXPRESSIA bewährt. Sie liefern auf Basis weniger Infos strukturierte Ergebnisse, die man als Grundlage weiterentwickeln kann. In der Konzeptionsphase ist Relume spannend: Das Tool erstellt via Prompt komplette Sitemaps und Wireframes. Nicht perfekt, aber gut genug für den Einstieg und klarer Zeitgewinn im Vergleich zur klassischen Strukturarbeit.
Wo KI klar an Grenzen stößt, ist der kreative Feinschliff. Tools wie Visily oder Uizard wollen aus Skizzen Prototypen generieren – die Ergebnisse bleiben jedoch generisch. Auch im Bereich visuelles Design liefern KI-Werkzeuge zwar Inspirationen (z. B. Colormind für Farbpaletten), doch echte Designentscheidungen basieren auf mehr als Algorithmen. UX ist eben kein rein rationales Thema. Menschliches Verhalten, Emotionen und Erwartungen lassen sich nicht ausrechnen.
Der hybride Ansatz: Menschliche Stärken, KI-Unterstützung
Statt auf Entweder-oder zu setzen, funktioniert ein Sowohl-als-auch am besten. Der hybride Ansatz meint: KI übernimmt, was sie gut kann – der Mensch behält Kontrolle und Verantwortung.
Ein typisches Szenario: Analyse- und Strukturarbeit laufen über ChatGPT und Relume. Die Gestaltung erfolgt manuell, weil KI generierte Websites zwar bequem sind, aber selten für Aufmerksamkeit sorgen.
Das bedeutet nicht, dass man auf KI-Visuals verzichten muss. Im Gegenteil. Besonders spannend: die neue Bilderzeugung von ChatGPT. Das Update vom März 2025 hat die Bildqualität deutlich verbessert – die Ergebnisse sind konsistenter, flexibler steuerbar und dadurch endlich für ernsthafte Designarbeit brauchbar. Visual Electric war bislang mein klarer Favorit, was Qualität und Stilistik betrifft. Mit dem aktuellen GPT-Update stellt sich nun die Frage neu: Welches System liefert in welchem Kontext die besseren Ergebnisse? Hier lohnt sich das Experimentieren.
Wichtig bleibt: Auch bei Texten, Farben, Bildern – KI kann inspirieren, aber nicht bewerten. Gute Gestaltung braucht immer einen Abgleich mit Zielgruppen, Zielen und Kontext. Und das kann bisher kein Tool alleine liefern.
UX, Ethik und Barrierefreiheit: Was Designer nicht ignorieren dürfen
Ein großer Vorteil von KI liegt in der Analyse. Tools wie Attention Insight bieten visuelle Heatmaps, bevor ein User-Test stattgefunden hat. Das spart Zeit und Ressourcen. Ähnlich bei Accessibility: Google Lighthouse prüft Kontraste, Struktur und andere WCAG-Kriterien automatisiert. Das sorgt für mehr Inklusivität im Design, wenn man die Hinweise ernst nimmt.
Doch es gibt auch Schattenseiten. Viele KI-Systeme arbeiten mit veralteten oder unausgewogenen Trainingsdaten. Das führt zu Verzerrungen, etwa bei automatisierten Personas oder Textvorschlägen. Auch die Herkunft der Inhalte ist oft intransparent. Wer ist verantwortlich, wenn KI falsche Empfehlungen gibt? Wer entscheidet, welche Daten für ein Interface relevant sind? Designer*innen müssen hier bewusst gegensteuern, kritisch hinterfragen und KI nicht als Black Box akzeptieren. UX ist eine Verantwortung, keine Checkbox.
Und dann gibt es da noch die Frage nach der Grundlage all dieser Systeme. Denn was heute als technischer Fortschritt gefeiert wird, basiert oft auf bestehenden kreativen Arbeiten – Werke von Designerinnen, Künstlerinnen, Fotograf*innen. Viele davon wurden in Trainingsdaten einbezogen, ohne Einwilligung, ohne Vergütung, ohne Transparenz. Der Output wirkt neu, ist aber meist ein Remix aus Bestehendem. Gerade deshalb sollten wir nicht nur über die Möglichkeiten sprechen, sondern auch über die Bedingungen, unter denen diese Tools funktionieren.
Wie die Zukunft aussieht – und warum Designer nicht ersetzbar sind
KI wird Webdesign nicht übernehmen. Sie wird es aber tiefgreifend verändern. Wer sich jetzt mit Tools und Prozessen vertraut macht, hat künftig einen klaren Vorteil. Nicht, weil KI alles löst, sondern weil sie Routine entlastet. Das heißt: mehr Zeit für Strategie, Kreativität und echte Nutzerzentrierung.
In den nächsten Jahren werden KI-Systeme immer besser, schneller und vernetzter. Doch der Unterschied wird nicht die Toolwahl sein, sondern die Haltung. Wer blind Templates zusammenklickt, wird im Einheitsbrei untergehen. Wer hingegen KI als Werkzeug versteht, das gezielt eingesetzt wird, schafft bessere Ergebnisse.
Denn das, was Design im Kern ausmacht – die Verbindung von Funktion, Form und Gefühl – bleibt auch im KI-Zeitalter Aufgabe von Menschen. Und das ist auch gut so.